In diesem Beitrag möchten wir den Versuch starten, ein komplexes Thema in einfachen Worten so zu umschreiben, dass bei den Leser:innen Interesse dafür erweckt wird. Es soll dafür einwenig Awareness geschaffen werden. Wir haben uns sehr intensiv mit dieser Thematik auseinandergesetzt. Sowohl von Vertreter:innen der Privatwirtschaft, als auch von Vertreter:innen von (Sicherheits-) Behörden wurde uns mehr als deutlich vermittelt, dass dieses Problem (aktuell) in deren Wertigkeitsskale so gut wie keine Rolle spielt. Die Frage die sich dabei stellt, ob derartiges Handeln oder Denken berechtigt ist oder ob einfach die Awareness und das Bewusstsein dafür fehlt.
In der gegenwärtigen geopolitischen Landschaft ist die Bedrohung durch hybride Kriegsführung zu einem zentralen Thema der Sicherheits- und Außenpolitik geworden. Davon ist in gleichermaßen auch die Österreichische Wirtschaft betroffen. Ein zentraler Aspekt dieser hybriden Bedrohungen ist der strategische Einsatz von Desinformation. Diese gezielte Verbreitung von Falschinformationen dient dazu, Instabilität zu erzeugen, das Vertrauen in demokratische Institutionen zu untergraben und gesellschaftliche Polarisierung zu fördern. Staaten und nichtstaatliche Akteure nutzen Desinformation als ein Mittel, um demokratische Prozesse zu stören und geopolitische Vorteile zu erzielen, ohne dabei offen militärische Maßnahmen zu ergreifen.
Die Natur hybrider Bedrohungen
Hybride Bedrohungen umfassen die koordinierte Anwendung sowohl militärischer als auch nichtmilitärischer Mittel, um den Feind auf verschiedenen Ebenen anzugreifen und zu schwächen. Diese Angriffe finden oft in einem rechtlichen Graubereich statt, unterhalb der Schwelle eines offenen bewaffneten Konflikts. Desinformation ist ein besonders wirksames Mittel, da sie schwer zu erkennen und zu widerlegen ist und tief in die Strukturen offener Gesellschaften eingreift, die auf Meinungsfreiheit und den freien Fluss von Informationen angewiesen sind. Länder wie Russland und China nutzen diese Taktiken, um demokratische Werte zu schwächen und die Souveränität anderer Staaten zu untergraben.
Der strategische Einsatz von Desinformation
Expert:innen sind sich einig, dass Desinformation ein zentrales Element hybrider Bedrohungen darstellt. Diese Form der Beeinflussung nutzt emotionale und spaltende Themen, um Misstrauen zu säen und Konflikte zu schüren. Zum Beispiel zielten russische Desinformationskampagnen in Europa häufig auf Themen wie Migration, LGBTQ-Rechte und religiöse Werte, um soziale Spannungen zu verstärken und das Vertrauen in liberale demokratische Institutionen zu untergraben. In vielen Fällen wird Desinformation eingesetzt, um bestehende gesellschaftliche Bruchlinien zu vertiefen und politische Instabilität zu fördern, wie Studien des Hybrid Centre of Excellence (Hybrid CoE) zeigen.
Ein besonders bemerkenswertes Beispiel ist die Rolle von Desinformation im Ukraine-Konflikt, wo Russland intensiv auf Informationsmanipulation und Propaganda zurückgreift, um die öffentliche Meinung sowohl in der Ukraine als auch in westlichen Ländern zu beeinflussen. Dies geschieht nicht nur durch staatliche Medien, sondern auch durch den gezielten Einsatz von Social Media, um gefälschte Narrative zu verbreiten und Zweifel an den westlichen Reaktionen auf den Krieg zu säen. Hier ist anzumerken, dass die selben Modi Operandi auch von der anderen Kriegspartei eingesetzt werden.
Auswirkungen und Einschätzung der Bedrohung
Laut Expert:innen sind die langfristigen Auswirkungen von Desinformation weitreichend. Sie schwächt das Vertrauen in Medien, politische Institutionen und Wahlen und untergräbt damit die Grundlagen demokratischer Gesellschaften. Desinformation kann nicht nur kurzfristig politische Entscheidungen beeinflussen, sondern auch dauerhafte Schäden im sozialen Gefüge verursachen, indem sie Polarisierung und Misstrauen verstärkt. Hybride Bedrohungen, die Desinformation nutzen, sind daher besonders gefährlich, weil sie schwer greifbar und oft nur schwer zu bekämpfen sind.
Expert:innen betonen, dass die Resilienz von Staaten und Gesellschaften gegen diese Bedrohungen gestärkt werden muss. Dies erfordert eine Kombination aus technologischen, politischen und gesellschaftlichen Maßnahmen. Dazu gehören eine erhöhte Medienkompetenz der Bevölkerung, die Förderung vertrauenswürdiger Nachrichtenquellen und internationale Zusammenarbeit bei der Bekämpfung von Desinformationskampagnen.
Fazit
Die Bedrohung durch Desinformation im Rahmen hybrider Kriegsführung ist ein ernsthaftes und wachsendes Problem, das von Expert:innen als eine der größten Herausforderungen für die nationale Sicherheit und die Integrität demokratischer Systeme eingeschätzt wird. Um diese Bedrohung zu bekämpfen, müssen staatliche und nichtstaatliche Akteure eng zusammenarbeiten, und es bedarf eines umfassenden Ansatzes, der sowohl auf technologischer Ebene als auch durch Bildung und rechtliche Maßnahmen erfolgt.
Literaturverzeichnis (APA 7)
Galeotti, M. (2019). We Need to Talk About Putin: How the West Gets Him Wrong. Penguin.
Hybrid CoE. (2021). Strategic Analysis: Disinformation as a Tool in Hybrid Threats. https://www.hybridcoe.fi
NATO. (2023). NATO’s Approach to Countering Disinformation. https://www.nato.int
Oliveira, L., & Steinert, S. (2023). Emotions, values, and disinformation: Using Social Media to Amplify Hate. Journal of Responsible Innovation, 7(3), 298-319.
RAND Corporation. (2022). Hybrid Warfare in Ukraine: Lessons for NATO and Beyond. https://www.rand.org
Autor: S. Leitgeb, B.A., CSO der TRIAS Solutions GmbH, weist über 25 Jahre Berufserfahrung in diversen Sicherheitsbehörden des BMI auf und stellt nun seine umfangreiche Erfahrung und sein außergewöhnliches Knowhow Bedarfsträgern aus der Privatwirtschaft zur Verfügung. Die Themenbereiche Desinformation und hybride Gefahren wurde im Rahmen seines Studiums intensiv wissenschaftlich beforscht.