Die Sicherheit von Unternehmen und wirtschaftlich kritischen Sektoren ist längst nicht mehr nur eine Frage des Datenschutzes oder der IT-Infrastruktur. Der sogenannte Wirtschaftsschutz ist heute ein zentraler Pfeiler moderner Unternehmenssicherheit – und gewinnt angesichts geopolitischer Spannungen, zunehmender Digitalisierung und wachsender Bedrohungslagen massiv an Bedeutung.
Was bedeutet Wirtschaftsschutz?
Wirtschaftsschutz bezeichnet die Gesamtheit aller Maßnahmen, die Unternehmen sowie staatlich relevante Wirtschaftsbereiche vor gezielten Angriffen, Sabotage, Spionage, Korruption und sonstiger Wirtschaftskriminalität schützen sollen. Dabei geht es nicht nur um IT-Sicherheit, sondern um ein integratives Verständnis von Risiko- und Resilienzmanagement.
Der Wirtschaftsschutz reagiert auf:
- Wirtschaftskriminalität (z. B. Betrug, Geldwäsche, Korruption)
- Cyberangriffe (z. B. Ransomware, Phishing, Angriffe auf kritische Infrastrukturen)
- Sabotage, Desinformation und Industriespionage
- Informationsabfluss, durch Insider oder durch gezielte Täuschung (Social Engineering)
- Hybride Bedrohungen mit politisch-wirtschaftlichem Hintergrund
Im Zentrum steht die Sicherung der Wettbewerbsfähigkeit, Innovationskraft und Funktionsfähigkeit von Unternehmen – insbesondere in Schlüsselbranchen und der kritischen Infrastruktur.
Zahlen, Daten, Fakten – Fokus Österreich:
- In Österreich wurden laut Statistik Austria im Jahr 2023 über 100.000 Anzeigen im Bereich der Wirtschaftskriminalität registriert – ein Anstieg von rund 12 % im Vergleich zum Vorjahr.
- Besonders betroffen sind stark digitalisierte Sektoren wie Logistik, Finanzdienstleister und das produzierende Gewerbe.
- Laut WKO gaben über 60 % der heimischen Unternehmen an, in den letzten zwei Jahren Ziel von Cyberangriffen gewesen zu sein.
- Die durchschnittlichen Schäden durch IT-gestützte Betrugsfälle liegen bei mittelständischen Betrieben bei rund 250.000 Euro.
- Angriffe auf kritische Infrastrukturen – insbesondere im Energiesektor – werden zunehmend komplexer und häufiger, was eine strategische Reaktion erforderlich macht.
Blockchain-Technologie als Hebel für den Wirtschaftsschutz:
Die Blockchain bietet konkrete technologische Möglichkeiten zur Erhöhung der digitalen Resilienz. Ihr dezentrales, fälschungssicheres Protokoll kann unter anderem in folgenden Bereichen zur Anwendung kommen:
- Nachvollziehbarkeit und Beweissicherheit: Transaktionen und interne Prozesse können manipulationssicher dokumentiert werden – revisionssicher, transparent und dauerhaft.
- Lieferkettensicherheit: Mit Blockchain lässt sich die Herkunft und Authentizität von Produkten über internationale Lieferketten hinweg lückenlos nachvollziehen – ein wichtiger Faktor gegen Wirtschaftsspionage, Produktpiraterie und Compliance-Verstöße.
- Digitale Identitäten und Zugriffsrechte: Zugriffsmanagement und Authentifizierung können über blockchainbasierte Systeme dezentral gesteuert und protokolliert werden.
- Forensische Nachvollziehbarkeit: In der Aufklärung von Wirtschaftskriminalität oder Insiderdelikten kann Blockchain-Technologie gerichtsfeste, manipulationssichere Protokolle liefern.

Ransomware und Blockchain-Forensik: Wie On-Chain-Analysen zur Täterermittlung beitragen
Ein prägnantes Beispiel für den Einsatz von Blockchain-Analysen im Wirtschaftsschutz ist der Ransomware-Angriff auf die Colonial Pipeline im Jahr 2021. Bei diesem Vorfall zahlte das Unternehmen ein Lösegeld von 75 Bitcoin (ca. 4,4 Millionen US-Dollar) an die Angreifer. Durch die Nutzung von On-Chain-Analysen konnte das FBI einen Teil des Lösegelds zurückverfolgen und etwa 63,7 Bitcoin (damals rund 2,3 Millionen US-Dollar) sicherstellen.
Diese erfolgreiche Rückverfolgung zeigt, wie Blockchain-Analysen dabei helfen können, die Geldflüsse von Ransomware-Zahlungen zu überwachen und potenzielle Täter zu identifizieren. Obwohl Kryptowährungen oft als anonym gelten, ermöglicht die Transparenz der Blockchain eine detaillierte Nachverfolgung von Transaktionen. Dies ist besonders relevant für Unternehmen, die Opfer von Ransomware-Angriffen werden, da sie durch solche Analysen nicht nur zur Aufklärung beitragen, sondern auch regulatorische Anforderungen erfüllen und mögliche Sanktionen vermeiden können.

Dubai Police nutzt Cardano-Blockchain zur Sicherung forensischer Beweise
Im März 2024 präsentierte die Polizei von Dubai auf dem World Police Summit ein Pilotprojekt, bei dem die Cardano-Blockchain eingesetzt wird, um die Integrität sensibler Ermittlungsdaten zu gewährleisten. Durch die Nutzung der Blockchain können beispielsweise hochauflösende Scans von Kugeln, die bei Tatortanalysen erstellt wurden, fälschungssicher gespeichert und mit internationalen Strafverfolgungsbehörden wie Interpol geteilt werden. Dies stellt sicher, dass die Beweisdaten unverändert bleiben und ihre Herkunft sowie Zugriffe transparent nachvollzogen werden können. Die Implementierung dieser Technologie unterstreicht Dubais Engagement für den Einsatz modernster Technologien im Bereich der öffentlichen Sicherheit.
Blockchain-basierte Verifikation von Ausbildungsnachweisen in Österreich
In Österreich wurde ein Projekt initiiert, bei dem Ausbildungsnachweise und Zertifikate mittels Blockchain-Technologie verifiziert werden. Durch die Speicherung von Hash-Werten der Dokumente auf einer Blockchain können Arbeitgeber und Bildungseinrichtungen die Echtheit von Zeugnissen und Zertifikaten schnell und sicher überprüfen. Dies reduziert das Risiko von Urkundenfälschungen und erhöht das Vertrauen in die vorgelegten Qualifikationen. Ein Beispiel hierfür ist die Zusammenarbeit zwischen der Donau-Universität Krems und dem Unternehmen QualiChain, bei der Blockchain-Technologie zur Validierung von Bildungsnachweisen eingesetzt wird.
Einfache, umsetzbare Lösungsansätze
Nicht jedes Unternehmen muss gleich in groß angelegte Sicherheitsinfrastrukturen investieren. Vieles lässt sich pragmatisch umsetzen:
- Sensibilisierung der Mitarbeiter: Bewusstsein für digitale Gefahren ist der erste und wichtigste Schutzfaktor.
- Zwei-Faktor-Authentifizierung (2FA): Einfache Maßnahme, große Wirkung gegen unbefugten Zugriff.
- Digitale Signaturen & Blockchain-basierte Verifikationen: Bereits bestehende Tools können so eingesetzt werden, dass die Beweislast und Sicherheit erhöht wird.
- Notfallpläne: Incident-Response-Prozesse müssen nicht teuer sein – wohl aber klar kommuniziert und geübt.
- Open-Source-Sicherheitslösungen: Viele leistungsfähige Tools (für Log-Analyse, Verschlüsselung, Monitoring) stehen lizenzfrei zur Verfügung und können an individuelle Bedürfnisse angepasst werden.
Wirtschaftsschutz ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe, die Technologie, Organisation und Kultur gleichermaßen betrifft. Unternehmen, die in ihre Sicherheitsarchitektur investieren – auch mit Hilfe moderner Technologien wie Blockchain – stärken nicht nur ihre Resilienz, sondern schaffen Vertrauen bei Partnern, Kunden und Behörden. Besonders kleine und mittlere Unternehmen sollten sich ermutigt fühlen, mit einfachen Maßnahmen zu starten – die Wirkung ist oft größer als gedacht.
Quellen:
- BMI Österreich (Definition & Lage): https://www.bmi.gv.at
- WKO – Wirtschaftsschutz und Cybersecurity: https://www.wko.at/service/unternehmensfuehrung-finanzierung-foerderungen/cybersicherheit.html
- BSI Lageberichte (Deutschland): https://www.bsi.bund.de/DE/Themen/Unternehmen-und-Organisationen/Cyber-Sicherheitslage/cyber-sicherheitslage_node.html
- Statistik Austria – Anzeigen Wirtschaftskriminalität: https://www.statistik.at/statistiken/menschen-und-gesellschaft/soziales/kriminalitaet-und-strafrecht
- WKO-Studie zu Cyberangriffen auf Unternehmen: https://www.wko.at/service/aussenwirtschaft/cybersecurity.html
- KPMG Studie Wirtschaftskriminalität Österreich: https://home.kpmg/at/de/home/themen/2022/12/kpmg-studie-wirtschaftskriminalitaet-2022.html
- ENISA – Threat Landscape Reports (EU): https://www.enisa.europa.eu/topics/threat-risk-management/threats-and-trends/enisa-threat-landscape
- IBM Blockchain (Lieferkettensicherheit & Nachverfolgbarkeit):
https://www.ibm.com/blockchain/solutions/food-trust - Everledger – Diamantnachverfolgung via Blockchain:
https://www.everledger.io - Sovrin (Decentralized Identity Management):
https://sovrin.org - uPort (Blockchain-basierte Identitätslösung):
https://www.uport.me - https://en.wikipedia.org/wiki/Colonial_Pipeline_ransomware_attack?utm_source=chatgpt.com
- https://www.chainalysis.com/blog/ransomware-2024/?utm_source=chatgpt.com
- MDPI -Two-Level Blockchain System for Digital Crime Evidence Management: https://www.mdpi.com/1424-8220/21/9/3051
- Dubai Police nutzt Cardano für Beweissicherung: https://www.ccn.com/news/crypto/dubai-police-cardano-blockchain-crypto/
- QualiChain-Projekt (Donau-Universität Krems / Verifikation von Bildungsnachweisen): https://qualichain-project.eu
Albert Quehenberger ist der Gründer und Geschäftsführer von AQ Forensics (https://www.aq-forensics.com/), einem führenden österreichischen Unternehmen für On-Chain Analysen, das sich auf die Aufklärung von Krypto-Kriminalität und die Erstellung von Mittelherkunftsnachweisen für Krypto Investoren spezialisiert hat. Als erster zertifizierter Krypto-Forensik-Experte in Österreich hat er mehr als 1.400 Fälle von Krypto-Kriminalität untersucht und erfolgreich Kryptowährungen im Wert von Millionen Euro zurückgeführt. Quehenberger ist zudem Mitautor des Buches „Steuertsunami Bitcoin 4.0“ und engagiert sich als Lehrbeauftragter, als Vortragender, als Berater von internationalen Blockchain Unternehmen sowie als Ausbilder von Ermittlungsbehörden. Mit AQ Forensics nutzt er fortschrittliche Technologien zur Analyse von Blockchain-Transaktionen und zur Aufklärung von Finanzbetrug.