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Wirtschaftsschutz und Executive Protection in der Praxis: Ein Erfahrungsbericht aus der Industrie

Toni Andreas Stockmann: Ehemaliger Sicherheitschef einer Eigentümer Familie und Sicherheitsberater für diverse namhafte Industrieunternehmen.

Als langjähriger Sicherheitsexperte habe ich hautnah erlebt, wie entscheidend ein professioneller Wirtschaftsschutz und eine strukturierte Executive Protection in der heutigen Unternehmenslandschaft sind. Die Realität zeigt: Wer in einem sicherheitsrelevanten Industriebereich agiert, wird nicht nur zur Zielscheibe von Cyberkriminellen, sondern zunehmend auch von staatlich gesteuerter Spionage und physischen Angriffen. Deshalb möchte ich in diesem Beitrag sowohl Einblicke in meine Erfahrungen geben als auch strategische Empfehlungen aufzeigen.

Wirtschaftsschutz: Mehr als nur IT-Sicherheit

Oft wird Wirtschaftsschutz fälschlicherweise auf Cybersicherheit reduziert. Das greift zu kurz. In meiner operativen Zeit war klar: Der Schutz unserer geistigen Eigentumsrechte, unserer Mitarbeitenden und unserer Geschäftsprozesse musste ganzheitlich gedacht werden.

Eine Studie von Bitkom (2024) belegt, dass 74 % der deutschen Unternehmen Opfer von Datendiebstahl, Spionage oder Sabotage wurden – Tendenz steigend. Dabei handelt es sich nicht nur um digitale Angriffe. Auch klassische Methoden wie das Abhören von Besprechungen oder das gezielte Ausspionieren von Lieferketten sind wieder auf dem Vormarsch (Bitkom, 2024).

Das Bundesamt für Verfassungsschutz (2024) spricht deshalb zurecht von einer „Renaissance analoger Bedrohungen“, die Unternehmen zwingt, physische Sicherheitsmaßnahmen mit digitalen Schutzmechanismen zu verzahnen.

 Executive Protection: Der Mensch im Fokus

In meiner Zeit bei XXX1 war ein integraler Bestandteil unseres Sicherheitskonzepts der Schutz der Führungsebene. Die Zeiten, in denen Personenschutz nur bei akuter Gefährdung aktiviert wurde, sind vorbei. Führungskräfte stehen heute im Fokus gezielter Erpressungsversuche, digitaler Überwachung oder auch physischer Angriffe im Ausland – oft im Kontext geopolitischer Spannungen.

Ein umfassendes Executive-Protection-Konzept umfasst laut Cyble (2025) fünf Kernbereiche:

  1. Risikobewertung – systematische Analyse individueller Bedrohungsszenarien
  2. Planung – proaktive Sicherheitsarchitektur rund um Geschäftsreisen, öffentliche Auftritte etc.
  3. Operativer Schutz – professionelle Begleitung durch geschultes Sicherheitspersonal
  4. Informationsmanagement – Monitoring relevanter Bedrohungsindikatoren
  5. Krisenreaktion – klar definierte Abläufe im Ernstfall

In der Praxis bedeutet das: Kein Auftritt, keine Reise, kein öffentliches Statement geschieht ohne vorherige Lagebeurteilung. In einer Welt, in der ein Social-Media-Post ausreicht, um ein Reiseschema zu rekonstruieren, ist Abschottung keine Option mehr – aber Risikomanagement ist Pflicht.

 Kulturwandel und Awareness schaffen

Ein besonders wichtiger Faktor ist die Sensibilisierung. Wirtschaftsschutz muss Teil der Unternehmenskultur sein. In meiner Zeit bei XXX1 und XXX2 haben wir regelmäßige Schulungen für Mitarbeitende aller Ebenen eingeführt – vom Empfangspersonal bis zum Management. Denn ein Unternehmen ist immer nur so stark wie sein schwächstes Glied.

 Fazit: Sicherheit als strategischer Erfolgsfaktor

Der Schutz von Know-how, Menschen und Prozessen ist keine Randaufgabe mehr – er ist essenzieller Bestandteil jeder Unternehmensstrategie. Wirtschaftsschutz und Executive Protection sind keine Kostenstellen, sondern Investitionen in die Zukunftsfähigkeit eines Unternehmens. Die Verzahnung physischer und digitaler Sicherheitsstrukturen wird dabei zur zentralen Herausforderung unserer Zeit.

Literaturverzeichnis (APA7)

Bitkom e. V. (2024). Wirtschaftsschutz 2024: Sicherheitslage in deutschen Unternehmen. https://www.bitkom.org/Bitkom/Publikationen/Studie-Wirtschaftsschutz

Bundesamt für Verfassungsschutz. (2024). Renaissance der analogen Spionage. https://www.verfassungsschutz.de/SharedDocs/kurzmeldungen/DE/2024/2024-08-28-studie-bitkom.html

Cyble. (2025). Executive Protection in the Age of Cyber Threats: Blending Physical and Digital Security. https://cyble.com/knowledge-hub/executive-protection-cyber-threats

Dataminr. (2025). The Evolving Landscape of Executive Protection. https://www.dataminr.com/resources/insight/the-evolving-landscape-of-executive-protection

Heitzman, S., Jagolinzer, A. D., & Kröchert, S. (2024). Executive Protection and Personal Risk. SSRN. https://papers.ssrn.com/sol3/papers.cfm?abstract_id=5044075

Knowmadics. (2025). The Growing Need for Executive Protection and Duty of Care. https://knowmadics.com/the-growing-need-for-executive-protection

Initiative Wirtschaftsschutz. (o. D.). Wirtschaftsschutz – eine gemeinsame Aufgabe. https://www.wirtschaftsschutz.info/DE/Home/home_node.html 

Autor: Toni Andreas Stockmann ist ein erfahrener Sicherheitsprofi mit jahrzehntelanger Expertise im Personenschutz, in der Sicherheitsberatung sowie in der Führung und Organisation von Sicherheitsteams. Als ehemaliger Leiter Sicherheit einer Eigentümer Familie betreut er hochrangige Schutzpersonen, entwickelt umfassende Sicherheitskonzepte und verantwortet Krisenmanagement sowie operative Schutzmaßnahmen. Seine besondere Stärke liegt in der Verbindung strategischer Sicherheitsplanung mit praxisnaher, körperlicher und taktischer Einsatzkompetenz.

 

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