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Erkenntnisse aus dem Sabotageakt auf EASTLink2 und Empfehlungen für die Zukunft

Sieben Minuten hat es am Handy gedauert, dass ich über eine Unterseekabelverbindung zwischen Estland und Finnland alle relevanten Informationen zusammentragen konnte.  Länge, Tiefen, Schutzvorrichtungen, Vorangegangene Sabotage, Fördermengen, Bedeutung für die Energieversorgung für die Region, aktuelle Position der „Eagle S“ etc.

Der Sabotageakt auf das Unterseekabel EASTLink2 zwischen Estland und Finnland am 25. Dezember 2024 verdeutlicht die Verwundbarkeit kritischer Unterwasserinfrastrukturen und die Notwendigkeit umfassender Schutzmaßnahmen. Die Ereignisse zeigen, wie einfach potenzielle Ziele identifiziert und relevante Informationen beschafft werden können. Innerhalb weniger Minuten lassen sich öffentlich zugängliche Daten zu Länge, Tiefe, Schutzvorrichtungen, früheren Sabotageakten, Fördermengen und der Bedeutung solcher Infrastrukturen für die regionale Energieversorgung sammeln. Selbst die aktuelle Position verdächtiger Schiffe wie der „Eagle S“ ist online auffindbar.

OSINT und potenzielle Bedrohungen

Professionelle OSINT-Analysten können aus scheinbar irrelevanten Informationen detaillierte Berichte erstellen. Kombiniert mit der Nutzung von Schiffen aus der sogenannten "Schattenflotte", die in anderen Ländern registriert sind und häufig Russland zugeschrieben werden, entsteht ein erhebliches Risiko. Die Schattenflotte wird verdächtigt, nicht nur Sanktionen zu umgehen, sondern auch Sabotageaktionen im Interesse russischer Militär- und Geheimdienstoperationen durchzuführen. Finnlands Präsident Alexander Stubb betonte in sozialen Medien, dass die Risiken, die von dieser Flotte ausgehen, ernst zu nehmen sind. Die Sabotage selbst erfolgt oft mit simplen Mitteln, wie dem Schleifenlassen eines Ankers – ein Vorgehen, das erhebliche Schäden verursachen kann.

Europa im hybriden Krieg

Europa befindet sich in einem Zustand hybrider Kriegsführung, bei dem konventionelle und unkonventionelle Methoden kombiniert werden. Die Verwundbarkeit kritischer Infrastruktur wird durch solche Ereignisse erneut offenkundig. Literatur und Fachmeinungen zeigen, dass solche Sabotageakte zumindest eingeschränkt verhinderbar sind – entscheidend sind jedoch ausreichende Investitionen in die Sicherheit und Resilienz der Infrastruktur.

Mögliche Präventionsmaßnahmen


Um Vorfälle wie den Sabotageakt gegen EASTLink2 zu verhindern, sind folgende Maßnahmen essenziell:


1. Überwachung und Detektion
o Echtzeit-Überwachung: Sensoren und moderne Überwachungssysteme können ungewöhnliche Aktivitäten entlang von Kabeltrassen frühzeitig erkennen.
o Unterwasser-Drohnen: Autonome Unterwasserfahrzeuge ermöglichen regelmäßige Inspektionen und die ständige Überwachung der Kabel.
2. Physischer Schutz
o Kabelverlegung: Das Vergraben von Kabeln in tieferen Meeresregionen oder deren Umhüllung mit schützenden Materialien kann das Risiko durch Anker und Fischereigeräte minimieren.
3. Internationale Zusammenarbeit
o Koordination: Enge Kooperation zwischen Anrainerstaaten und internationalen Organisationen ist entscheidend, um Bedrohungen frühzeitig zu erkennen und Gegenmaßnahmen zu entwickeln.
4. Rechtliche Rahmenbedingungen
o Regulierung: Internationale Richtlinien zum Schutz von Unterseekabeln sollten entwickelt und durchgesetzt werden, um Sicherheitsstandards zu erhöhen und Verantwortlichkeiten zu klären.
5. Notfallpläne und Redundanz
o Backup-Systeme: Der Aufbau redundanter Kabelverbindungen stellt sicher, dass im Falle eines Ausfalls alternative Datenrouten verfügbar sind, um die Kommunikationsinfrastruktur zu stabilisieren.
Die Kombination dieser Maßnahmen kann die Sicherheit und Resilienz von Unterseekabeln wie EASTLink2 erheblich erhöhen und potenzielle Sabotageakte verhindern.


Schlussfolgerungen für Österreich


Der Sabotageakt liefert wichtige Lehren auch für Österreich:
1. Schutz kritischer Infrastruktur: Eine umfassende Sicherung von Pipelines, Strom- und Kommunikationsnetzen ist notwendig. Internationale Kooperationen müssen ausgebaut werden.
2. Diversifizierung der Energieversorgung: Die Abhängigkeit von Importen sollte reduziert und erneuerbare Energien sowie Speichertechnologien ausgebaut werden.
3. Cyber- und physische Sicherheit: Hybridbedrohungen müssen adressiert, IT-Sicherheitsmaßnahmen verstärkt und Notfallpläne etabliert werden.
4. Geopolitisches Bewusstsein: Entwicklungen im internationalen Umfeld sollten kontinuierlich beobachtet und die EU-Kooperation intensiviert werden.
5. Stärkung der Resilienz: Die Bevölkerung sollte über Risiken informiert und zur Eigenvorsorge angeregt werden.


Österreich muss proaktiv handeln, um die Resilienz seiner Infrastruktur zu gewährleisten und auf die Herausforderungen des hybriden Kriegs vorbereitet zu sein.

Autor: S. Leitgeb, B.A., CSO der TRIAS Solutions GmbH, weist über 25 Jahre Berufserfahrung in diversen Sicherheitsbehörden des BMI auf und stellt nun seine umfangreiche Erfahrung und sein außergewöhnliches Knowhow Bedarfsträgern aus der Privatwirtschaft zur Verfügung. Die Themenbereiche Desinformation und hybride Gefahren wurde im Rahmen seines Studiums intensiv wissenschaftlich beforscht.

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